Einführung in die Philosophie

1.

Philosophie ist weder Wissenschaft noch Dichtung, sondern Liebe zur Weisheit. Wie die Liebe selbst ist sie eine große Kunst und vermag an der Weisheit nur teilzuhaben, da sie in ihrem Werk sich einsichtig von ihr unterscheidet, erkennend, daß sie diese nicht zu ihrem Besitz hat. Wer einen Weg zur Weisheit zu weisen sucht, muß dies wie der Einzuweisende aus einem Nichtwissen heraus, jedoch mit Bewußtsein versuchen. Es gibt keinen höheren, keinen überlegegen Standpunkt, sondern nur die Erfahrung des Berichtigungswegs, der in Form vorbildlicher Selbstkritik mitgeteilt werden kann.

Philosophie tritt darum nicht in der Sprache religiöser oder universal gelehrter Weisheitslehrer auf. In kritischer Unterscheidungsfähigkeit als zur Bildung aufgegeben wahrt sie vielmehr ihre Herkunft aus der Skepsis, mit der sei in der Antike begann, die Weisheitslehren in ihren Ansprüchen und Vermögen zu bedenken, zu durchleuchten und im Gebrauch ihres eigenen Maßes zu begrenzen.

Seither ist das Vermögen der Kritik das Grundlegende für alle wahre Philosophie.

Philosophie enthält sich nicht der Aufgabe, Weisungen zu geben und Orientierung zu finden – sie tut und vermag dies aber nur im Teilhaben am Lernen selbst: sie ist Bildung, gibt sie nicht nur. Darum findet die philosophische Erkenntnis nicht außerhalb von Forschung, Wissen und Lehre statt. Sie kann und muß in ihrer vernünftigen Einsicht auch zur Rechtfertigung von grundlegenden Erkenntnissen kommen. Doch sie kommt dazu nicht ohne Kritik.

„Die Kritik ist nicht dem dogmatischen Verfahren der Vernunft in ihrem reinen Erkenntnis als Wissenschaft entgegengesetzt, sondern dem Dogmatismus, d.i. der Anmaßung, mit einer reinen Erkentnnsi aus Begriffen (der philosophischen), nach Prinzipien, so wie sie die Vernunft längst im Gebrauch hat, ohne Erkundigung der Art und des Rechts, womit sie dazu gelangt ist, allein fortzukommen. Dogmatismus ist also das dogmatische Verfahren der reinen Vernunft, ohne vorangehende Kritik ihres eigenen Vermögens.“ KrV B XXXV

Anmerkung 1: Das „zuvor“ bedeutet nicht, daß die Kritik als Methode nicht das gesamte Verfahren der Vernunfterkenntnis begleitet und als grundlegend durchzieht.

Anmerkung 2: Obwohl wir gleich zu Beginn Philosophie von Wissenschaft unterschieden haben, gestehehn wir mit Kant ihr aufgrund der Kritik eine Möglichkeit von Wissenschaftlichkeit doch zu. Das kritische Verfahrne stellt sich durch Selbstberichtigungen dar, nimmt Widerstreit auf sich, bleibt so nur im Bewußtmachen der Unstimmigkeit von der Einstimmung geleitet, die zu einer Geltungsgestalt führen muß, die nicht in widerspruchsvollen Sätzen, sondern reflexiven Einteilungen (Teilhaben in Verantwortung von Widerstreit) sich darstellen und eine orientierende Kraft entfalten kann.

Anmerkung 3: Da dies nur in bildhaft vorbildhaften Konstruktionen von Einteilungen darstellen läßt, wird auch die Entgegensetzung zur Dichtung einer Revision unterzogen (nicht wie Heidegger spät in 2halbpoetsichem Verstande“ sondern in Beachtung der ästhetisch-konstruktiven Verfahrensweisen einer einbildungsmitgetragenen Methode des Bedingungs- und Maß gedächtnisses in der Verfehlung von Angemessenheit.

In der Liebe zur Weisheit  können wir an ihr so teilhaben, daß wir auf sie als sie selbst  ausgerichtet uns verhalten und sie uns Orientierung im Bewußtsein unseres Erkenntnis- und Entscheidungshandelns als eine Idee gibt, so gibt, daß sich mit dem Weiserwerden auch der Begriff von  Weisheit in ihrer Orientierungskraft sich für uns ausbildet – eine andere Weise, das Sein von Idee zu denken, gibt es nicht. Den nur mit der Idee sich ausbildenden Begriff von Weisheit gibt Platon als die Kunst an, Handlungsentscheidungskraft (Tapferkeit) und Besonnenheit zu vereinen – also zwei Verhaltensweien, die entgegengesetzte Vermögen zu bilden fordern.

Idee der Weisheit ist nichts anderes als die Weisheit selbst; deshalb können wir sei nicht haben, ohne an der Weisheit teilzuhaben, nicht ohne also an der Bildung von Weisheit teilzuhaben – als die sich in uns bildende Weisheit wie als die, für die wir in der Bildung Verantwortung übernehmen, daß sie sich überhaupt bilde (daß sei gedeihe) – gleich wo immer, denn sie ist an sich selbst gut. Und es ist für jeden und unter allen Umständen besser, daß Weisheit ist, als daß sie nicht ist. Das Weisere unter Umständen wird darum als das je Bessere erkannt – nicht von einem Vorurteil oder einer gegebenen Regel her ermessen.

Anmerkung: Wenn einer also merkt, daß ein bestimmtes Weisheitswissen als Regel oder Norm in einer Situation zu schlechten Ergebnissen führt, dann beurteilt er die Anwendung der Regel als nicht weise. Weisheit braucht nicht nur Vernunft und diese nicht nur als gegebenes Gesetz, sondern Urteilskraft, ohne die auch Vernunft nicht als gesetzgebende handeln kann.

Unsere Unterscheidungskraft zum Weisheitsbesitz bindet sich aber mit dem Bewußtseinkönnen, Weisheit als Idee nicht selbst zu besitzen, sich aber von ihr mit Begriffen führen zu lassen – in Übernahme der Verantwortung ihres rechten Gebrauchs in aller Orientierungsgabe oder –annahme – die Unterscheidung von Begriff und Sache selbst: Zu begreifen, was Weisheit sei, ist mit der Bestimmung als Kunst, die entgegengesetzten Vermögen zu vereinen, also noch nicht das Können im Vermögen der kunstvollen Einheit der einander entgegen sich setzenden Verhaltensanforderungen – sondenr nur ein Wissen, daß dieses nötig sei. Also muß auch ein Unterschied von Wissen und Können grundlegend sein. Strebend in der Orientierung durch die Idee müssen wir uns darum unterscheidungsfähig und integrativ verhalten können, im Wissen dem Können gegenüber, die im Bewußtsein des Gebrauchs dem Wissen gegenüber – es kommt, wie sich zeigt, eine komplexe Anforderung in Verhaltensweisen auf uns zu, die wir zumal erfüllen können müten, aber nur nacheinander bedenken und ins Wissen bringen können.

Anmerkung 5: Das Problem wäre auch dadurch nicht gelöst, daß wir uns statt der Mühen eines schrittweise und diskursiv verfahrenden Wissens, an ein instantan und anschauend sich einstellende Einsicht anheimgeben könnten, denn ein anschauliches Wissen würde das Orientierungsproblem in der Wahrung der Differenz zur Weisheit selbst für den Bildungsweg gar nicht lösen, sondern uns nur erneut in die Fallen des Dogmatismus verstricken.

Es gilt, daß wir uns für die Wahrung der Liebe zur Weisheit durch Begriffe zu verhalten vermögen lernen, deren Vermögen wir in die Liebe zur Weisheit aufnehmen können müssen und ohne Muß sie uns als Begriffe von Ideen und Vermögen zu Geliebten des Denkens und Erkennens mit und aus ihnen werden – wieder werden, denn dies ist als die ihnen ursprünglich gemäße Bestimmung zu vernehmen.

Die Kritik erhält so auch eine Abwehr der Misologie, der Verachtung des begrifflichen Denkens (des Denkens in Begriffen und eien Rechtfertigung der Erkenntnis aus Begriffen) gerade dort, wo wir erkennen, daß sie nicht zureicht, da sie nicht das Können im Handlungsverhalten selbst ersetzt, umgekehrt aber eine notwendige Bedingung in der selbstbewußten Teilhabe an Weisheit darstellt, die wie nicht als unseren Besitz und Eigentum reklamieren können – ohne das Vermögen der Selbstkritik unserer Begriffs- und Urteils- und Wissensvermögen.

Anmerkung 6: Unterscheidung von Begriff und Sache findet in Begriffen statt, von Wissen und Können durch Begriffe in Wißbarkeit

Anmerkung 7: Liebe zu Begriffen als das Liebenswürdige weil wir im Denkvermögen usn durch die je mehr wiedergeliebt fühlen dürfen, je mehr sie pflegen und die Güte ihres Gebrauchs beachten – Keine Untreue der Begriffe als der, die wir selbst verschulden durch achtlosen Gebrauch.

Die kritische Selbsterkenntnis bedeutet für das Wissensbewußtsein gar keine Herabsetzung im Vergleich mit einem größeren Wissen, sondern schlicht die Unterscheidungsbedingung gegenüber Können in Handlung und Arbeit, die eben nicht durch bloßes Wissen ersetzt werden und in der gesamten Handlungsverantwortugn auch nicht durch Wissenschaft vorauserkannt werden kann.

Die für die Weisheit und die kritischen wie liebenden Wege zu ihr bedingenden / erforderlichen Begriff bilden sich so vielmehr aus Gedächtnissen und die Liebe zu den Begriffen, wie sie in der Philosophie schon als grundlegend für ihr Handwerk zum Tragen kommen können muß, stellt sich in ihren Verhalten und Verfahren immer auch als Liebe zu den Gedächtnissen dar, in denen Verhaltenserfahrung begriffsbildend sich versammelt.

Die Philosophen sind „die Forscher der Begriffe“ sagt Kant, und ihre Methode nennt er die „der Vernunfterkenntnis aus Begriffen,“ – aus Begriffen also, die nicht selbst gefertigt, nicht erfunden oder terminologisch eingeführt werden können.

Darum stehen in ihren Verfahren auch nicht die Definitionen von Begriffen am Anfang1, wie es ein axiomatisches Verfahren aus der Mathematik vielleicht oder jene nur auf Verstehen Erpichten erwarten lassen, die zuerste angegeben haben wollen, was einer, der zu sprechen anhebt, unter einem Begriff versteht, bevor sie ihm bereit sind, in der Gedankenführung zu folgen (vergessend, daß doch überhaupt nur zuhören können, wenn sie die Begriffsgedächtnisse teilen). Es ist Kants entscheidendes Verdienst im der Kritik am Rationalismus die philosophische Methode vom Wissenschaftsideal der Mathematik sich zu unterscheiden und abgrenzen zu lassen. (more geometrico)

2.

So ist die Besonnenheit in ihren Reflexionsvermögen angewiesen auf eine gemeinschaftliche Praxis und hebt diese wieder erinnernd aus Gedächtnissen in die Orientierungsmühe. Mit den darin einzuübenden und zu erwerbenden Methoden unterscheidet sich die Philosophie in ihrer gedächtnisgetragenen und begriffsfundiereten Liebe zur Weisheit von jeder theoretsichen Wissenweise von Gegenständen. Ihr Einsicht ist mit der Reflexion aus Begriffen eine Erkenntnisart, die immer bildsam bleibt und auf Anforderungen und Aufgaben reagiert, die in Wirklichkeit als die des Handelns und Verhaltens nicht schon für gelöst gelten können und darum nicht als gegenständlch gegeben angenommen werden können. Dies führt zur Einsciht in die Selbstbeschränkung der Aussagbarkeit über das in ihr Aufgegebene als wären es Sachverhalte. Die Idee von etwas wie der Weisheit als sie selbst ist so von Gegenständen zu unterscheiden und die Funktionen, durch die wir uns Gegenstände als gegeben bewußt sein können, von der Erkenntnisart der Ideen, die eingesenkt bleibt durch die Reflexion mit der Orientierungsarbeit aus Begriffen in eine Handlungsverantwortung, wie sei philosophisch nur im Ganzen das Seins als Person und dieses wiederum nur im ganzen des Seins als Person in personaler Gemeinschaft bedacht werden kann.

Was verbindlich ist, weil allgemein grundlegend, aber nicht objektive Form hat, ist als philosopzhische Erkenntnis von Ideen oder Prinzipien. Diese ihre Erkenntisart von der Gegenstandserkenntnis zu unterscheiden und sei bei aller interdependenz doch verschiedenen Vermögen wie Vernunft, Urteilskraft oder Verstand zuzuordnen, ohne daß diese Zuordnung wieder nur durch die Verstandesfunktionen in Urteilen getroffen werden könnte, sondern in der Bestimmungsverantwortung (aus Begriffserkenntnis) reflexiver Einteilungen bedarf, ist eine der Hauptaufgaben der Kritik der urteilenden Vernunftvermögen, wie sei Kants Hauptwerk zu seinem zentralen Anliegen hat. (Prolegomena § 41)

Philosophie ist philosophieren lernen – und der handwerkliche Ausbildungsweg im Beginn ihres mitvollziehbar notwendig auszuarbeitenden Pfades ist das Erlernen der Kunst, Gegenstandsverhalten in seinen Bedingungen des urteilenden Verstandes erkennen und Gegenstandsfunktionen selbstbegrenzend unterscheiden zu können: als Verstandeserkenntnis von den Verfahren der Vernunfterkenntnis aus Begriffen, wie sie Ideen maßgeblich für all unsere Orientierungsverfahren werden lassen kann, die auf praktsiches Verhalten oder Kunstwerkverhältnisse ausgreifen und nicht unter die theoretischen Wisenschaften befasst werden können. – Schwierig ist dies nur, weil wir in jedem sich formulierenden Gedanken, durch den wir etwas als etwas zu bestimmen suchen (uns versichernd, was es ist) den Verstand in seinen Urteilsfunktionen unwillkürlich brauchen.

Ideen sind dagegen als ursrpüngliche Bestimmungsgründe maßgeblich auf Vermögen und orientiernd auf Verhalten in deren steuerungsbedürftigen Weisen bezogen – erfordern aber zu ihrer Denkbarkeit die selbstkritik des Denkvermögens des Verstandes: es kann gar keien Idee nur irgendeines Vermögens gedacht werden, ohne auch die Idee des Denkvermögens als das des Verstandes und des Urteilenkönnens überhaupt mitzuerkennen und aus Unterscheidbarkeit zu vereinen. Die Einheit fordert Kritik und Methode. Ohne Methode (im Wissen um die Unterscheidung von Verfahrensweiesn der Gegenstandserkentnnsi und der Erkenntnis aus Begriffen) ist eine Ideenerkenntnis gar nicht ins Wissen zu heben, ist kein Begriff von ihnen zu haben. Kants Kritik der reinen Vernunft ist darum nicht nur eine Kritik der Vermögen, sondern stellt sich auch als „Traktat über die Methode“ dar.

Wer also von der Philosophie unmittelbar ein Weltverständnis und Deutungen seiens Daseins verlangt, muß sich enttäuschen und auf eine Bahn zur Selbstberichtigungen seiner Erwartungen und Vororientierungen führen lassen. Der philsoophische Erkenntnis- und Bildungsweg läßt sich gar nicht mehr durch eine einzige Erwartung, nicht durch einen einzigen Begriff des zu erstrebenden vorausdeuten. Alle solche Versuche, wie sie etwas in Definitionen von Philosophie als Selbstverständigung noch zum Ausdruck kommen, sind auf ihrer Bahn der Kritik und der Revision zu unterswerfen.

Leitend wird eine Konstellation von Ideen durch Begriffe, wie sei nru in einem selbstkritisch sich bildenden System reflektierender Urteilskraft ihre Orientierungskraft dort entfalten können, wo wir sie schon als im Gebrauch begriffen wahrnehmen und in ihrer Güte und Kraft, das Maß wahrend ein Maß für unsere Verhaltensbewußtsein finden zu lassen, geachtet du naus dieser Achtung wieder geliebt werden

Denn die Liebe zur Weisheit entspringt aus den liebenden Gedächtnissen des in Begriffen Gewahrten – und je wieder zu wahrenden.

Auf diesem Weg berühren wir das Geheimnis der Anamnesis der Ideen - die weder eingeboren sind noch wiedergeboren werden aber an der Neuschöpfung uns teilnehmen lassen.

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1     Heinz Heimsoet, Studien zu Kant Bd 1 S.75 „daß man in der     Philosophie, anders als in der Mathematik, nicht mit Defintionen     anfangen könne“; Dieter Henrich ...