Vernünftige Fähigkeit


Ein Selbstverhältnis der Vernunft in der einteilenden Bestimmung von Erkenntnis als Fähigkeit, die darin bereits ausgeübt wird, hat auch Aristoteles gesehen. (vgl. Andrea Kern, Leipzig, „Der Vorrang der Erkenntnis“ 2013). Im Unterschied zu Fähigkeiten, die ein Subjekt hat, wird im Begriff des Vermögens das Vermochtsein bedeutet, also im Bewußtsein seiner Ausübung das Maß der Selbstentsprechung in Geltung gehalten. Darum verhalten sich die Erkenntnisvermögen in der reflexiven Einteilung als vom Maß ihres Vermögens bestimmt und haben eine ihr Selbstseinkönnen wahrende und verantwortende der Bestimmungsarbeit aus ihren Begriffen zur Aufgabe. Darum verhalten sie sich nicht selbst „erklärend“, sondern für die widerstreitlösende Verhaltensausrichtung einsichtsbildend. Das Einteilungsverfahren wird in seiner Reflexivität als ein Erkennen ausgeübt, das aus der Annahme der Selbstgemßheit als Maßes der je beteiligten Vermögen die Urteilskraft leitet und dem Vernunftanspruch der Einstimmung zur Lösung von Widerstreit folgt, der durch ein nur erklärendes Verfahren in theoretischer Haltung des urteilenden Verstandes nicht behoben werden kann, da er durch dessen Bestrebung in der theoretischen Ausrichtung von Vernunft selbst hervorgerufen wird.

    Der verantwortete Gebrauch des Begriffs der Vernunft- und Erkenntnisvermögen ist entscheidend für die Unterscheidung der Haltung der Reflexion gegenüber einem erklärenden Verhältnis zu Fähigkeiten, und zwar genau dann, wenn

    Andrea Kern charakterisiert die von Aritstoteles aufgegriffenen „vernünftigen Fähigkeiten“: „Fähigkeiten sind mehr als bloße Regeln, die einen Maßstab des Richtigtuns vorgeben, sondern sie erklären auch in einem bestimmten Sinn, warum jemand, der im Besitz der Fähigkeit ist, genau das tut, was mit den Regeln der Fähigkeit übereinstimmt.“ (S. 150) „Begriffe für vernünftige Fähigkeiten bezeichnen folglich Begriffe für Akte, unter die ein Akt nur dann fallen kann, wenn das Subjekt im Besitz der fraglichen Fähigkeit ist.“ und „Der Begriff einer Fähigkeit beschreibt eine Einheit von Akten, die ihren Grund in dieser Einheit haben.“ (S. 153)

    Die vorliegende Arbeit wird von Kants Grundlegungswerk der Kritik der Vernunftvermögen ausgehend zeigen, dass im Begriff von Vermögen des je selbst als Maß im Grund des Könnens in den Anspruch genommen und verfahrensleitend geachtet wird, so daß die Erkenntnisarbeit in diesen Selbstverhältnissen an der Orientierung und Bildung der Vermögen, sich selbst entsprechend zu verhalten, teilhat und – einem selbstwiderstreitenden Gebrauch gegenüber dessen verhaltensleitende Bestimmung berichtigt. Dann erst, mit der Aufnahme der Idee von Vermögen, wie es dem Gebrauch bei Kant und dem Begriff dynamis bei Platon entspricht, läßt sich der von Andrea Kern erörterte „Vorrang der Fähigkeit“ vor dem Akt darstellen und rechtfertigen. Jedes Erkenntnisvermögen muß als durch eine Einheit von Vermögen ermöglicht zu begreifen sein, die unter dem Anspruch stehen, recht ausgeübt zu sein. Diese Rechtheit, als je in deren Begriffen bedeutet, kann nicht durch eine Einheit von Akten als deren „Elemente“ beschrieben und zu erklären versucht werden. Die der Vernunft als Bedingung ihrer selbstbewußten Vermögen aufgegebene Bestimmmungsarbeit stellt sich nicht als Erklärung der Konstitution aus Elementen dar. Begreift man die Fähigkeit von Vernunft und Erkenntnis überhaupt als „eine Einheit von Elementen“, die „konstitutiv für diese Elemente ist.“ (Kern S. 163), dann ist mit einer „Konstitution“ die Bildung des Vermögens als Können bedeutet, die auf die ursprüngliche Vereinigung im Selbstbewußtseins des Gebrauchs der es bedingenden Vermögen verweist, und nicht erklärt, sondern nur aus Teilhabe unter dem Maß eines jeden darin ausgeübten Vermögens unter dem Anspruch des Gemeinsinns seinen öffentlichen Gebrauch verantwortet.