Ideenbriefe


Brief 1

Ideen sind keine Begriffs, aber werden durch Begriffe als ein Selbstsein bedeutet, das sich nur in einem Entsprechungs- und Maßverhaltlen darstellen läßt. Prägend ist seit Platon die Figur des 'etwas selbst gemäß seiner selbst'.

Ideen sind darum, entgegen der oft angenommen Deutung als bloße Formen, gerade nicht etwas formal Allgemeines oder geben Antwort auf das Problem des Allgemeinen. Das tun Begriffe, wenn sie in gegenstandserfassenden Urteilen gebraucht werden. Für die Ideenbedeutung hält das Gedächtnis ihre Begriffe an einem sie auszeichnenden, das Selbstsein unverwechselbar achtenden Ort.

Platon gibt beispielhaft für Ideen die Ideen des Guten, Wahren, Schönen, Gerechten und das damit Verwandte an, das also an ihnen teilhat, wie sie aneinander teilhaben.

Es gibt keine unmittelbare Teilhabe von Einzeldingen an Ideen, die nicht aporetisch wäre, also zu "ausweglosen" Bestimmungen führte. Begriffe von empirischen Dingen wie die Wand oder das Haus sind keine Ideen, diese Dinge haben kein Verhältnis zu einer Idee, da sie in dem, wie sie das sind, als was wir sie begreifen, kein durch sich selbst oder mit unserem Erkennen verantwortbare Selbstgemäßheit haben, kein irritierbares Vermögen - ganz im Unterschied zu den durch Beurteilungen und Entscheidungen bedingten Lebensführungen von Menschen.

Darum brauchen und können wir auch keine Ideen von Gegenständen annehmen, weil jede Sorge um den Bestand einer Wand oder die Standfestigkeit eines Hauses von Handwerk nach einem Bauplan geleitet ist und dessen statischen Berechnungen und erfahrungsgeleiteten Einschätzungen. 

Platon zeigt die notwendige Unterscheidung von in Urteilen und Sätzen bestimmt und bestimmend zu gebrauchenden Begriffen von Ideen in seinem Dialog 'Parmenides', führt jeden Ansatz (als hypostasis) der begrifflich urteilenden Bestimmung des Seins von etwas selbst, das man als Eines nennen kann, ob es ist oder nicht ist, und wie es sich zum Vielen und möglichen Prädikatsformen verhält, konsequent bis zur Einsichtig werden Aporie durch. 

Als die entscheidende Lösung wird dann im anschließenden Dialog Sophistes die Verflechtung der Ideen bieten, deren Bestimmungs- und Teilhabweisen immer Haltungsformen sind und die Vermögen (der Seele) in ihrer Orientierung und Koordination betreffen. Das gilt uneingeschränkt auch für die Politeia (den Staat), wo im Liniengleichnis von der Notwendigkeit die Rede ist, von einem Begriff oder Form einer Ideen zur nächsten zu gehen (in einer durchdenkenden, die Verflechtungen durchsprechenden Methodik, dem dialegestai), wobei jeweils eine Idee dieses Gehen im Können einer Ausrichtung und Haltung von Vermögen führt, also eine orientierende Kraft hat in sich öffnender,  praktisch reflektierender Erkenntnis.

 Näherhin zeigen sich Ideen als paradigmatisch für die jeweilige Weise des Vermögensverhaltens, geben Maß und leiten in die Angemessenheit dort, wo die Vermögen des Denkens, Erkennens oder Handelns nach Gründen fragen. So kann man abgekürzt sagen, es sind Maßgründe, die in ihrer Bestimmungskraft aber immer von der Vollendung der Ausübung von Arbeit und Handlung der jeweiligen Vermögen her nur einsehbar werden und darum vom Grund eines Vermögesn das Maß der Vollkommenheit in der Weisung von Volllendung, eines Gelingens und Glückens in seiner Hoffnung geben.

Darum sagt Sokrates am Anfang der Rede zum Sonnengleichnis:

Ich wenigstens glaube, fuhr ich fort, daß Gerechtes und Schönes, wenn nicht eingesehen (agnooumena) wird, inwiefern beides auch gut ist,  eben keinen sonderlichen Hüter haben werden an dem, der dies nicht einsieht;  mir ahnt aber, daß auch jenes beides selbst niemand vorher genau erkennen werde. – (Politeia 506a)

Darum, weil sie auf die Vollendung von schon immer nur miteinander wirkenden Vermögen bezogen deren Verhalten aussrichten und von der Vollkommenheit der gemeinschaftlichen Ausübung her ihre Maßgabe im sie begleitenden Bewußtsein (im Angenommen-, im Orientiertsein) zu erkennen geben, sind Ideen der Form nach nicht allgemein: ihre Begriffe haben keinen Umfang, durch den sie eine Vielheit von Einzelnen umfassen, als wären sie gegeben und durch die Begriffsbedeutung bezeichnet. Im Unterschied zu Art- und Gattungsbegriffen gehört dem Begriffsbewußtsein von Ideen eine auf das Selbstsein in Entsprechung und Angemessenheit bezogene Beurteilung an, die nicht teilnahmeslos und nur beschreibend verfahren kann.

Darum fordert die Ideeneinsicht auch für ihre Darstellung den entscheidenden Einsatz der je eigenen Urteilskraft für das Finden des Angemessenen, des Entsprechenden: das je Gerechte für die Idee der Gerechtigkeit, das je Schöne für die Idee der Schönheit ... und daraus ergibt sich die Not, in Gleichnissen zu sprechen - vom Guten, und durch Mythen der Gerechtigkeit, wie bei Platon nachzulesen. (vgl. die Jenseitsmythen der Gerechtigkeit in Apologie, Phaidon, Politeia; aber auch das Bild der Seelenkräfte durch das Pferdegespann im Phaidros)

Brief 2

Vielleicht darf ich noch etwas zu den Ideen nachtragen, denn die Idee des Guten oder des Schönen ist nichts anderes als das Gute selbst und das Schöne selbst. Das ergibt, was Idee für uns sein kann - im platonischen Sinne – eine enge Verwandtschaft mit den Wesenheiten des Göttlichen, denn Gott selbst ist ja in seinem Sein und Wesen die Güte selbst, die Gerechtigkeit, die Wahrheit selbst und so fort.

Bei Platon wird darum von Ideen dort gesprochen, wo es um das Selbstsein von etwas geht in der Weise, wie es ist, was es ist. In den mittleren Dialogen, zu denen "Der Staat" und "Das Gastmahl" gehören (Politeia und Symposion) findet sich für die Bezugnahme auf ein Selbstsein – als Sein als es selbst – die Formulierung: etwas selbst als es selbst (auto kat' hauto). Das vergleichende kata, das mit 'als' übersetzt wird, bedeutet wörtlich "entlang" und trägt den Vergleich in einer Art Messung, wenn man etwas an etwas anlegt oder abschreitet. Etwas an sich selbst anlegen, macht es sich zum Maß und ist sinnvoll nur im Verhältnis zu einem, das sich im Verhalten auch nicht entsprechen kann, ohne, solange durch den Begriff seiner Idee bedeutet, der Anspruch des selbstgemäßen Seins für es aufgegeben werden kann.

Darum, weil Idee Maß der Selbstgemäßheit ist, gewinnt eine Bezugnahme auf die Idee, also das Selbstsein von etwas gemäß seiner selbst nur für solche Seinsweise Bedeutung, die in dem, was sie sind, auch sich nicht entsprechen, sich ungemäß ihrer selbst verhalten können.

Ein Selbstsungemäßheit ist nur für Verhaltensarten möglich, die durch eine Verbindung und in Komplexion von Bedingungen sie selbst sind, da ihre Einheit auf einer Ordnung beruht, die sie selbst wahren, erhalten und erneuern können müssen, und ihnen darum ein Seinkönnen eigent, dessen Seinsart ein "Können-sein" ausmacht (wie wir mit Cusanus sagen können). 

So können wir Menschen im Gebrauch unserer  Vernunft- und Urteilsvermögen unvernünftig sein und ungerecht urteilend die rechte Ausübung verwirren oder sich selbst widerstreitende Grundsätze zu allgemeiner Geltung zu bringen suchen.

Das Maß der Vernunft und der Urteilskraft leistet unwillkürlich Widerstand und ist dort in Geltung, wo wir den Widerstreit gewahren oder uns zerrissen, hin und her geworfen fühlen, ohne den Grund schon zu erkennen.

Die Ideen weisen uns in  die Bildung der Vermögen zu ihrer Selbstgemäßheit und orientieren die Verwirrten und Geschwächten zur Erneuerung ihres Könnens. Ein, sie bedeutend, angenommene Idee eines Vermögens, ist in ihrer vermögensbildsamen Maßgabe je im Bunde mit dem Begriff des Vermögens als Maß seiner selbst, das - als Vermögen selbst - ja darin bestimmt sich zeigt, etwas zu vermögen - und  das schließt, wie das Wort noch erinnert ein, es zu mögen, was es ist und es tut und was es kann. "Denn wir vermögen nur, was wir mögen." hat Heidegger einmal formuliert (Was heißt Denken?)

Brief 3

Die Idee des Guten ist das Gute selbst und ihr maßgebliches, vermögensermöglichendes Wirken ist gut, ist voll Güte, erweckt, erneuert die Kräfte eines Vermögens, als Vermögen selbst zu sein, wie ursprünglich gegeben und eröffnet – ein Werk der Schöpfung aus und im Maß der Güte, des Vermögens zum Guten in Erkennbarkeit seiner Beurteilung als gut und in Güte gegeben: „Und er sah, dass es gut war.“
Das Böse hat keinen Ursprung, keine Idee, kein Maß, sondern ist das Zerrüttende des Seinkönnens und das Verletzende der Würde der Vermögen in Widerstreit gegen das ursprüngliche Gegen, ohne das doch die Zerrüttung und Zerstörung nicht wäre.

Die Annahme der Ideen ist so von einem Widerstand dem die Selbstwiderstreite anfeuernden Bösen gegenüber begleitet und fordert sie, stützt und hilft dabei im Widerstehen, den Streit zur Einstimmung und Versöhnung hin auszutragen. Es ist darum wichtig und rettend, das Gute selbst, das Schöne selbst und die Wahrheit selbst in die Acht zu nehmen, erkennend, daß keines ohne das andere sein kann, was es ist und zu vermögen die Bestimmung hat – seiner selbst.

Darum ist ursprüngliche Güte in ihrer schöpferischen Ermöglichung je neu und wieder als das Rettend und wiederbelebend anzunehmen, wenn wir nach der Idee des Guten und das von ihr anzunehmen Maßgeblichen fragen.

Brief 4

Die Ideeneinsicht leitet uns, an diesen Prozessen der Wiederermöglichung von Angemessneheit und Selbstgemäßheit teilzunehmen – in Zuwendung und Fürsorge für die Seele; christlich gesprochen ist dies nichts anderes als die Nachfolge Christi, in die uns die Ideeneinsicht weist, darin das Wesen des Göttlichen uns im Ethos der praktichen Vernunft und personaler Urteilskraft des Gemeinsichs sich erschließt. Dann ist es nicht mehr möglich und zeigt sich als nicht sinnvoll, neben den Ereignissen in der Welt zu stehen, und mit Gott als einem Schuldigen zu rechten, der in seiner Macht alles einzelne bewirkt. Gottes Verhältnis zu Welt und Seele ist ideen- und vernunft- und also der Wahrheit des Glaubens gemäß nur denkbar, wenn es durch Christus im Geist in Güte udn Gerechtigkeit dort vernommen wird, wo wir diesen gemäß das Böse zum Guten, das Ungerechte zum Gerechten zu wenden versuchen. Anders können wie die Güte selbst, die Gerechtigkeit selbst nicht annehmen, als sie als Maß in Geltung zu halten, für unser wie für aller Tun, erkennend, das es mit der Idee seiner Vermögen bestimmt ist, Gerechtigkeit in Güte udn Güte in Gerechtigkeit zu ermöglichen - und das heißt, Verantwortung zu übernehmen und Verantwortung einzufordern für den guten Gebrauch eines jeden in seinem Vermögen. Philosophie übt das ein und zu ihrer Aufgabe gehört in ihrem Bildungsweg auch, Widerstreit erkennend zum Austrag zu bringen, ihn als den eigenen auszutragen - das Ungerechte und Böse nicht als etwas nur fremdes, sondern der je eigenen Seele mit zugehörig, da sie selbst nicht berührungslos sein kann, mit den Seelen aller, und darum die Sorge um die Vermögen der Seele allgemein und so in Stellvertretung für ihr Gemeinschaft trägt, die sich nur in Ideen denkend zur Einsicht bringen läßt. Diese Einsicht ist also praktisch und verhält die Seele im Bewußtsein ihrer mit allen Seelen geteilten Vermögen zum Seinkönnen als Person unter Personen.

Daraus ergibt sich dann für die Politeia Platons, daß die Gerechtigkeit der Seele und die Gerechtigkeit der verfassten Gemeinschaft nur gemeinsam in welchselseitiger Erhellung und Bindung zur Bestimmung gebracht werden kann und diese Bestimmungsarbeit selbst ein sich Bilden der Vermögen der Gerechtigkeit wird, die sich mit der Übung von Vernunft und Urteilskraft festigt und mit der Koinonia, der Gemeinschaft mit dem Guten, der Weisheit, der Wahrheit und dem Schönen allererst selbst sein kann. Jetzt erst wird langsam deutlich, wie eine Ungemäßheit eines Vermögens möglich wird: weil es als es selbst je schon Einheit von Vermögen ist, die einander bedingen, die aneinander teilhaben; und diese Einheit für das Selbstsein eines jeden ist gefährdet, bedarf der leitenden Ordnung so, daß "ein jedes das Seine zu tun vermag" (Dies nach Sokrates ist Gerechtigkeit, die darum nur möglich ist, in Verbindung mit der Weisheit, und ihrer Kunst, Besonnenheit und Tapferkeit, Reflexion und Handlungsmut zu vereinen. Ihre Einheitsordnung kann sich aber nur in der Anmessungsfindung ergeben, ist nicht als Norm voranzustellen, kann nur mit den Vermögen gegeben sein und sich für diese und ihre Orientierungsbedürfnisse zu erkennen geben. Im Bewußtsein von ihnen vertreten wir sie in ihrer Idee; in der Ideenannahme agieren wir stellvertretend (als ganze Person) an der Vermögen statt (die als Teile zu nehmen selbst schon in ein problematisches Verständnis führte). (Die Ideen haben also kein Sein jeneits des Seins der Vermögen, und trotzdem sind sie für die Vermögen maßgebend, weil sie im Verhalten das repäsentieren, was ein Vermögen dort sein können soll, wo es als es selbst nicht es selbst zu sein vermag. Darum erhalten die Ideen das Sein der Vermögen deren Unvermögen entgegen. Das Macht ihre Güte aus als Ideen der Vermögen selbst, für die sie uns erinnern: Idee des Vermögens ist das Vermögen selbst.

Wir haben es also bei dieser Einheitsordnung von Vermögen, die das Selbstsein- und Bestehenkönnen der Seele wie der Staatsverfassung bedingt, mit einer von Güte wie von Schönheit im Gerechtwerden (als ein Angemessenwerden) geleiteten Ordnung der Überwindung von Widerstreit zu tun, der sich mit der Differenz, mit der Entgegensetzung von Idee und Vermögen ins Bewußtsein hebt und uns denkend teilnehmen läßt an seinem auf Einstimmung hin angelegten Austrag. Und so kann Platon in seinem Schöpfungsvortrag, der großen Rede des Timaios, im Blick auf die Teilhabe der Ideen und Vermögen aneinander sagen:

Alles Gute ist schön, das Schöne aber ist nicht ohne Maß.


Brief 5

Man könnte versuchen, eine Philosophiegeschichte von der Problemstellung her zu schreiben, wie gut oder wie wenig es in den jeweiligen Werken vermocht wurde, Verstand und Vernunft zu unterscheiden. Mit Platon, Anselm und Kant gelingt ein solches Unterscheiden und zwar auf eine miteinander vereinbare Weise recht gut und wird tragfähig für das eigene Nachdenken, für das sich Orientieren in Begriffen der je auch eigenen Erkenntnisvermögen. In der auf Aristoteles zurückgehenden Tradition, mittelalterliche Theologie des Thomismus, des Scotismus bis hin zur Neuscholastik einschließend, hingegen läßt den mitdenkenden Leser immer in großer Begriffsverwirrung zurück. Ihre systematischste und darum kritikfähigste Gestalt hat diese Strömung mangelnder Differenz von Verstand und Vernunft im Rationalismus gewonnen. Er (ihn zur Kenntnis zu nehmen) ist darum auch unverzichtbar für den Nachvollzug der Kritik der reinen Vernunft, die in der Tat eine reine Verstandesvernunft heißen kann. Zum Rationalimus gehört bei allen Unterschieden ein Descartes und Spinoza ebenso wie Wolff und Leibniz oder Baumgarten. 

Ihm ist eigen, daß er Metaphyik als Wissenschaft betreibt und in einere Ontologie zu fundieren sucht. 

Mit Kant hingegen ist eine Fundierung von Metaphyik nur durch eine kritische Grundlegung durch Kritik der Vermögen all jener Vermögen möglich, die auf metyphysisches Erkennen und Wissen Anspruch erheben. Dies ergibt sich im Verhältnis zu Seele, Welt und Gott. Diese sind der rationalistischen Metaphysik die drei Gegenstände ihrer Wissenschaft.

Hauptaufgabe der Kritik der reinen Vernunft ist die Bildung der Unterscheidungsvermögen für die orientierende Urteilskraft von Kategorien und Ideen.

Im Gegenstandsbezug, der durch Kategorien ermöglicht wird, ist das Erkenntnisverhalten zu ihnen vom Verstand bestimmt, wie Kant ihn in dessen Funktionen des Urteilens (erkenntnisgültige Sätze bilden zu können) in einteilender Gliederung von Bedingungen darstellt. Der Rationalimus bemüht zwar die Vernunft und ihre in Begriffen arbeitende und erschließende Vernunfterkenntnis, nimmt aber Kategorien und Funktionsbegriffe in Gebrauch, die nicht zu rechtfertigen sind, wenn ihre rein begrifflich scheinender Bedeutungsbezug keine rezeptiven Bedingungen der sinnlichen Anschauung und Wahrnehmung gewährt - und nur so etwas wie Gegenstandsschein erzeugt wird.

Brief 6

Im Gottesverhältnis generiert das Selbstverständnis des Rationalismus eine „natürliche Theologie“, darin der Vernunftgebrauch natürlich erscheint, weil er ganz eingebettet bleibt in die Natur unseres Verstandes (des Intellekts). So kann er unter Annahme der Gegebenheit irgendeines erfahrbar Seienden im Gebrauch der Kausalitätsfunktion des Verstandes nach der Ursache fragen, die er (als empirische Bedingung als Wirkung wiederum genommen) wiederum nach ihrer Ursache fragen kann und kommt so zurück auf eine erste Ursache, die er Gott nennt. Die ist zwar nicht bestimmt faßlich, wird abe als notwendig angenommen, weil die Vernunft in ihrem Rückschließen auf einen Grund von (vollendeter) Gegebenheit von etwas (Wahrnehmbarem, Wahrgenommenem) nicht ins unendliche fortgehen kann. Doch schleicht sich hier bereits als 'Argument der Zweck der Einheit der Vernunftvermögens in ihrem schließenden Gebrauch der Urteilsverbindung im Verstand ein.

Die Kritik dieses seines Tuns im Blick auf die Einheitsbedingungen seines Vermögens wird dann den Ursprung des Vermögens und das Maß in der Bedingung seiner Einheit vom Ursacheverhältnis unterscheiden müssen. Philosophisch begrifflich bedeutet das, wir haben auf die Unterscheidungen von Grund, Maß, Ursprung und Idee von Vermögen gegenüber den Ursache-Wirkungsverhältnissen zu achten, wie wir sie aus dem Erklären und Verstehen von wahrnehmbaren Geschehnissen und empirisch feststellbaren Ereignissen kennen. Vermögen aber gerade der Vernunft und des Verstandes sind keine wahrnehmbaren Erscheinungen, keine Dinge oder Gegenstände, sind nicht Seiendes unter Seiendem, das wir in Raum und Zeit einfach verorten können, da wir sie nur begreifen im Selbstbewußtwerden ihres Seins in Funktion und ihres Gebrauchs, aus dem wir uns selbst nicht entlassen können, dazu wir nicht in sinnliche Distanz gehen können, weil es zum Grund des Vermögens gehört, selbst denken und überhaupt etwas erkennen zu können, daß wir Vermögen haben.

Darum ist weder Gott noch die Seele ein möglicher Gegenstand für unser Denken von Seele und Gott.

Thomas schon hatte die Theologe definiert als Wissenschaft, deren Gegenstand Gott hat). In der kritsichen Grundlegung durch Kant hingegen ist  die Metaphysik als Wissenschaft überhaupt nicht mehr durch einen Gegenstand definiert. Auf „metaphysische Gegenstände“ (Seele, Welt, Gott) sich zu beziehen, ist überhaupt nur durch die rationalistisches Verfahren mit Begriffen möglich, die kategoriale Funktionen ausüben und deren und eine Kritik der so gebrauchten Vermögen fordern, die dann auch durchzuführen ist, weil wir sonst die Unterscheidung von Kategorie und Ideen, von Gegenstand und Vermögen nicht erfassen und orientierende werden lassen können, in kritischer Grundlegung.


Brief 7

Sachlich und nicht nur historisch betrachtet bedeutet dies, die Kritik als Grundlegung hat notwendig Anteil an der rationalistischen Verfehlung. Kant sagt darum umschreibend, es ist der Natur der Vernunft geschuldet, daß sie in der Indifferenz zum Verstand in die Dialekti ihrer reinen, spekulativen Erkenntnis gerät und die Vernunft muß in der Kritik irher selbst diese Dialektik zum Austrag brignen. Erst in ihr kann die Unterscheidung von rationalistischen Idealbildungen zu den Ideen in Aufnahme ihrer orientierenden Kraft gelingen; die s aber geschieht nicht einfach mehr in reiner Vernunft, sondern mit der Unterscheidung zum Verstand in Erkenntnis seiner Gebrauchsbedingungen im Urteilen und dessen Aisthesisbezug in einem dritten Vermögen: der Urteilskraft. Sie ist das Vermögen der reflexiven Erkentnnis, der Methode und der Kritik und in ihr als mit der Vernunft sich verbinend, den Verstand in seinen Fähigkeiten und Einheitsfunktionen für die Gegenstandserkenntnis wahrend, kann sich die Grundlegung vollenden und gleichsam haltbar machen, da sie eine Vernunfterkenntnis aus Begriffen von Vermögen ermöglicht, darin die Begriffsbedeutungen ihre die Maßannahme der ursprünglihen Gründung erneuernde Kraft erweisen und sich von den Funktionsverhältnissen des Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen in der Unter- und Überordnung von Begriffen in prädikativer Funktion unterscheiden.

Darum ist auch Analogien zum Wahrnehmbaren in der Theologie und der Philosophie als Verfahren der Erschließung nicht tauglich: was Vernunfterkenntnis (aus Begriffen) erfordert, bedarf einer auf der Kritik aufruhenden Methodik zur teilhabenden Wahrung der ursprünglichen Einheit von Vermögen.Wo Bilder und Gleichnisse zur Darstellung kommen müssen, tragen sie den Bruch von Begriff und Erscheinung; mit ihm wechseln die Bilder und sind nicht verstandeskohärent zu erfassen und in der Wiedergabe zu deuten.

Für das Zeitbewußtsein heißt das z.B. wir sind in die Gegenwart eines Kommenden als gegeben angenommene Bestimmung unseres Verhaltens. Statt eines Ersten in der Zeitreihe ist der Ursprung Gegenwart als Güte der Gabe seiner Erneuerung, deren Gehalt wir nur im Gelingen der Anmessung dadurch fassen können, daß wir sind, was wir denken, tun, was wir sagen.

Gott als Ursprung in Unterscheidung von der rationalistsichen Ursache ist darum nicht Gegenstand, sondern Person. Sein Sein als vom Wesen unabtrennbar ist nicht denkbar ohne Wesenserkenntnis als des Guten, Schönen, Wahren, Gerechten und Weisen selbst. Darum ist das Sein Gottes Geist und das Personale je das Seinkönnen als Person allgemein ermöglichend, in einer Allgemeinheit jedoch, die geschichtlich wirksam Gemeinschaft stiftet und aus der vorgreifenden Vertretung die Tendenz einnimmt, alle einzubeziehen. Statt eines Allgemeinbegriffs haben wir so Einheitsfiguren wie bei Paulus: daß Christus, ja der Leib Christi die Menschheit ist (die wir in der Eucharistie empfangen und so Anteil haben am Vollendungsgestalt des Bestimmungsgrundes unserer Stellvertretung nach und durch Christus, der jenen Geist in diesem Mit- und Nachvollzug ermöglicht, darin wir Eines Geistes sein können.

Brief 8

Eine andere, mit der Bestimmung einer ersten Ursache für alles Seiende einhergehende Bestimmung des rationalistsichen Gottesgedankens ist die des „ens realissimum“, des Seins das in allerhöchstem Sinne das Reale, das allerrealste ist und ohne das nichts selbdst ein Sein hat. Kant rekonstruiert dessen Gedanken als Inbegriff aller positiven Bestimmungen und zeigt so, daß der reine Seinsgedanke abhängig ist von der Geltungsfunktion des IST im Urteilen, daß etwa ist. Der Fehler liegt natürlich darin, daß nicht vernachlässigt werden darf, was das Wassein eines jeden im Besoneren ist – und darum erhält der Gedanke der Fülle einge eigenartige Leere. Der Gottesgedanke als des allerrealsten Wesens, das in seinem Sein Inbegriff alles eigentlich Seienden ist (ohne jede Negation und mithin ohne jede Unterscheidung in sich – Hegel beginnt übrigens seines Wissenschaft der Logik mit ebendiesem Gedanken an das Sein ohen alle unterscheidende Bestimmung, gegen anderes oder gegen sich und kommt unvermittelt zur Konsequenz, daß es vom Nichtsein nicht unterschieden sein kann. Ein Fortgang erreicht er dann nur in Erinnerung an das Denkverhalten, das schon im Gebrauch der Worte von Sein und Nichts einen Unterschied macht  [daß die Indifferenz des reinen Seins gleich Nichts sich dem Satz der Identität als Tathandlung )Ich = Ich verdankt, führt ihn dazu, die Ganze so angestoßene Entwicklung in Begriffen des Verstandes (im Gegenstandsschein des Ich bin Ich in den Begriff des Ichs münden zu lassen, darin die Substanz der Seele ganz Subjekt geworden zu sein scheint; Kant dagegen hält noch in seinen nachgelassenen Werken daran fest, daß Gott weder Subjekt noch Substanz ist) – aber dies nur nebenher; letztlich versäumt auch Hegel die kritische Unterscheidung von Verstand und Vernunft durchzuführen, seine Dialektik wird ein endloses Kreisen in sich.)

Was nun die Seele als Gegenstand rationalistsischer Spekulation anbelangt, so wird auch ihre Sein in einer Substanz gefaßt, wohl noumenal und nicht als Phänomen, aber doch in Verwechslung dessen, was Einheit des Selbstbewußtseins ist und von uns abverlangt. Kant behandelt diese Verwechslung im Kapitel über die Fehlschlüsse, die Paralogismen der rationalistischen Psychologie.

Das dritte dann sind die spekulativen Aussagen der rationalistischen Verstandessvernunft über die Welt, die uns nie Gegenstand sein kann, weil wir nur in ihr Erscheinungen von Gegenständen haben können. Die reine spekulative Vernunft hingegen verhält sich zur Welt als wäre es Erscheinung und gerät ím Gebrauch von Teilbarkeit und Anfang oder Notwendigkeit in Antinomien, also dem Widerstreit der Vernunft mit sich selbst in Ausübung ihres Vermögens des Schließens – im Versuch, Prinzipien als Grundsätze des Seins von Seele, Welt Seele und Gott zu erschließen.

Abschließend fügt Kant der Kritik der reinen Vernunft ein Buch zur Methode an; darin erfüllt sich allererst das Programm der kritischen Grundlegung, denn die Kritik als Kritik der Vermögen ist im Ganzen ein Traktat über die Methode der Philosophie als Vernunfterkenntnis. Sie unterscheidet er in ihrem möglichen Verfahren als Vernunfterkenntnis aus Begriffen (nicht von Dingen, sondern von Vermögen, ihren Bedingungen und Ideen) von jenen Verfahrensweisen, die ihr Wissenschaftsvorbild in der Mathematik haben. Seit Spinoza ist das „more geometrico“ ein stehender Begriff.

Brief 9

Für die kritische Lösung bemüht Kant die Urteilskraft zur Unterscheidung von Verstand, in seinem Bezug auf gegeben Seiendes, und Vernunft in der Annahme des ihr Aufgegebenen, als einer richtenden Urteilskraft und nimmt das Bild des Gerichtshofs der Vernunft auf, vor den sie selbst - in der Ordnung alle ihre Vermögen und als Führende der Ordnungsstiftung - zur Verantwortung gezogen wird, 

Die Kritik hat in mit der Einsicht in die Grenzen des Verstandesgebrauchs mit der ermöglichenden Unterscheidung von Zuständigkeit und Bereichen auch etwa Rettendes, in Erkenntnis, was sie vermag und sich dem Vermögen gemäß dort begrenzt, wo sie die Grenzen ihres Vermögen zuvor verkannt und überschritten hatte. Doch ist diese Begrenzung als Geschäft der Kritik nicht durchführbar ohne die Erfahrung der Überschreitung, ohne die Teilhabe an der Verfehlung und den scheiternden Bestrebung von Werken in ihrer mißlingenden Vollendung.

Abschließend fügt Kant der Kritik der reinen Vernunft ein Buch zur Methode an; darin erfüllt sich allererst das Programm der kritischen Grundlegung, denn die Kritik als Kritik der Vermögen ist im Ganzen ein Traktat über die Methode der Philosophie als Vernunfterkenntnis. Sie unterscheidet er in ihrem möglichen Verfahren als Vernunfterkenntnis aus Begriffen (nicht von Dingen, sondern von Vermögen, ihren Bedingungen und Ideen) von jenen Verfahrensweisen, die ihr Wissenschaftsvorbild in der Mathematik haben. Seit Spinoza ist das „more geometrico“ ein stehender Begriff.

Die Unterscheidung des philosophischen Verfahrens vom mathematischem einerseits, vom logischen andererseits ist Hauptaufgabe des Methodenkapitels der Kritik der reinen Vernunft.

In ihre erfüllt sich die das Ganze nun auch in historischer Perspektive und die Erinnerung an Platon wieder wachrufend durchziehende Aufgabe der Unterscheidung von Kategorien (als reiner, auf Anschauungsbestimmung von Gegenständen bezogener Verstandesbegriffe) und Ideen, die nur als Ideen von Vermögen – weder objektiv noch subjektiv – als Bildungsgang der Kritik in ihrer Grundlegung einer Metaphysik der Sittlichkeit ihre uns im besonnenen, reflektierenden Denken orientierende Kraft des Maßes, selbst gemäß seiner selbst sein zu können, entfalten.