Maß - metron und Angemessenheit - metrion


Wenn wir genötigt sind, etwas selbst als es selbst zu denken und in der Bestimmtheit als es selbst so zu halten, dass es als sich selbst gemäß zu sein bedeutet werden kann (im Begriff), dann sind wir genötigt, jede Bestimmung, die wir ihm darin (als Bedingung des sich als Selbstseiend identisch – identitäts- und einheitswahrend – zu verhalten) zuerkennen, ebenfalls in dieser Selbstheit (durch Ideenbedeutung des Begriffs) anzunehmen. Darum können wir das Zukommen einer Wesenseigenschaft, die das Selbstseinkönnen bedingt, nur als Teilhabe jeweils an jener, einzig diese Bestimmung selbst seienden Vermögensidee annehmen: wir müssen das Selbstsein als schön oder gut oder gerecht durch (maßgrundgebende Teilhabe) an der Schönheit selbst, der Güte selbst, der Gerechtigkeit selbst denken und annehmen – und nehmen darin zugleich diese als Maß der die Angemessenheit erfüllenden Urteilskraft (im erkennenden Denken von etwas als schön …).

Was aber kann eines sein, das zwar nicht selbst das Schöne, die Güte, die Gerechtigkeit ist, aber selbst nicht sein kann, ohne schön, gut, gerecht zu sein? - Es muß das Vermögen der Urteilskraft selbst sein, das ohne diese Ideen als Maß nicht selbst sein kann.

Da wiederum keine unmittelbare Selbstbeziehung, muß es Werk und Person sein (in Werkverantwortung), für die das Werk als Werk des Geistes unter der Seins- un Erkenntnisbestimmung steht, dass Schönheit Güte Gerechtigkeit selbst sei – als als maßgeblich angenommen ist: Urteilskraft als Gemeinsinn für das sich bilden der in Werkverantwortung ausgeübten Urteilskraft als gemeinschaftlicher.


Vollkommenheit

Vollkommenheit im „Selbstverhältnis des göttlichen Seins oder Natur“ anzunehmen ist völlig sinnlos, weil sie nur als Maß angenommen werden kann; und dieses Annehmen hat Bedeutung nur für das Verhalten, das auch im Verhältnis zu sich unangemessen sein und für sich beurteilbar sein kann. Es wäre also sinnlos zu denken und zu sagen, dass "euer himmlischer Vater vollkommen ist" durch die  Vollkommenheit seiner Natur, wenn diese Vollkommenheit nicht als Maßgabe für die angenommen wird, denen die Natur Gottes sich in Schöpfung und ihrer Verkündigung offenbart.

Wolfhart Pannenberg hat in seiner Systematischen Theologie den Vorschlag gemacht, von Gottes Sein als Handlung auszugehen, um von hier aus die Wesenheiten des Göttlichen systematisch zu erschließen.

Die Vollkommenheit von Handlung stellt die Schöpfungsgeschichte in der Auszeichnung von Gott (El) als „Schöpfer des Himmels und der Erde“ (zum Ehrentitel dieser Formulierung vgl. Claus Westermann, Genesis-Kommentar) durch die Entsprechung dar von Bestimmung – „es werde“ – und Vollzug – „und es ward“ (dazu Odil Hannes Steck).

Darin ist diese Darstellung von Handlung (in ihrer aufeinander aufbauenden, eine Orientierungsordnung stiftenden Sequenz) als ursprünglich selbst maßgeblich für die Bestimmung der im Vermögen, in Entsprechung von Bestimmung und Ausführung, von Wort und Werk selbst handeln und ihr Verhalten selbst beurteilen zu können geschaffenen Menschen.

Genau das ergibt sich für die aufzunehmende Ebenbildlichkeitsgabe des Menschen, auf die die Handlungssequenz der Schöpfungsdarstellung in Gn 1 zuläuft. Und darum empfängt der Mensch in einer Selbstgabe Gottes des Schöpfers das in der Darstellung zeigenden Vollkommenheitsmaß von Werken und ihren Handlungen im Grund seiner Daseinsbestimmung, und nicht wie die vorangehenden Werke durch das Wort Gottes im Verhältnis zur ihm entsprechenden Ausführung.

Damit ist aber die „Bestimmung des Menschen“ in ihrer ursprünglichen Gabe (als „Selbstmitteilung“ Gottes, wie Karl Rahner das versucht hat zu formulieren) auf das Personseinkönnen des Menschen im Ursprungsverhältnis der Maßgabe für sein Werk- und Handlungsverhalten von Gott selbst her gegründet und nicht lediglich gemäß seinem als geäußert darstellbaren und wiedergebbaren Worts oder Gedankens. Aus dieser Einsicht in die Struktur der Schöpfungsdarstellung folgt, dass die Würdebestimmung des Menschen als Person von der dann trinitarisch zu entfaltenden Einheit des Göttlichen her mitzudenken und unmittelbar als sittlich-ethische Grundlegung anzunehmen ist.

Anders gesagt: der hier beteiligte Intellekt und das vorstellende und in Worten sich ausdrückende Denken ist nicht der alleinige Träger der Ebenbildlichkeitsbestimmung. Deren Gabe ist nicht in der „denkenden Substanz“ der Seele in Entgegensetzung zum Körperlichen anzunehmen, sondern die Vollkommenheitsbestimmung gibt das Maß zur Entsprechung im Ganzen des Seinskönnens als Person in einer dies bedingenden sittlichen Gemeinschaft.

Gottes ursprünglicher Logos ist auf die Werkentsprechung seines Seins im schöpferisch ermöglichenden, in der Gründung immer Maßgeblichen und diese Maßgabe sichernden Handlens ausgerichtet und von der Entsprechung in Wort und Werk unabtrennbar.

Diese Unabtrennbarkeit kann denkend nur als Unabtrennbarkeit von Sein und Wesen und dieses nur  in personaler Annahme der Entsprechung in Geltung gehalten werden. Sie theologisch in Geltung wieder dort zu bringen, wo das Gedächtnis und der Dank der Schöpfungsgabe beschädigt ist und verloren zu gehen droht, ist Aufgabe der ihrer ursprünglichen Bestimmung aus dem Mitsprechenkönnen der sich als Ermöglichung von Vermögen bekundenden Ursprungshandlung Gottes bewußt werdenden Verkündigung.